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Willkommen auf dem Hülfensberg

Michaelswallfahrt - Hülfensberg - 27.09.2020

Predigt von Monsignore Heinz Gunkel

Liebe Wallfahrerinnen und Wallfahrer!

1. Es gibt Zeiten, da stehen Fragen und Bitten im Vordergrund. Immer gilt: Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Er zeigt uns nicht nur den Weg, sondern ist selber der Weg. Gott sei Dank!
Mit welchen Fragen und Bitten sind Sie heute gekommen? Besinnen wir uns auf den, der Antwort geben kann, der selbst die Antwort ist.
2. Wir wären heute nicht hier auf dem Hülfensberg, wenn wir nicht um den „Gehülfen“ wüssten und ihm etwas zutrauen, ja im guten Sinne, alles zutrauen. Wir vertrauen auch auf die anderen Gehülfen, heute auf den Hl. Erzengel Michael.
3. Ich kenne diesen Berg noch aus der Zeit, da er gut „bewacht“ war und eine Grenze mit den „Gehülfen“ des Unrechts. Gott sei Dank ist eine Todesgrenze verschwunden. Gebet und Kerzen haben diesem Unrecht ein Ende bereitet. Damals wie heute gelten die Worte des Tagesgebetes: „Herr gib, dass die Macht des Bösen nicht überhandnimmt, sondern sende deine heiligen Engel, die im Himmel vor dir stehen“.
4. Woher kommen für uns heute die Bedrohungen, das Böse?
Auch hier mag jeder von uns seine eigene Antwort geben und doch wird es auch Gemeinsames geben. Es macht uns Angst, macht uns hilflos. Oftmals hat dies „Es“ auch einen Namen, „er“ macht uns Angst.
5. Wir fühlen uns bedroht: die Coronapandemie, die Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lespos und an anderen Orten werden von einigen als Bedrohung benannt, Vergiftungen von Systemkritikern, eine Verrohung der Sprache …
6. Wovon sind wir wirklich bedroht? Papst Franziskus wird nicht müde, die Kirche und die Welt daran zu erinnern und Umkehr einzufordern. „Was ist mit unserem Egoismus, der Angst zu kurz zu kommen und zu wenig abzubekommen? Wir müssen feststellen, dass es nicht nur das Böse gibt, dass von außen kommt, sondern aus uns selber“.
7. Wir beten doch im Vater unser: Erlöse von dem Bösen. Da hat einer eine Ansage gemacht, der „Gehülfe“, der sich für uns hat kreuzigen lassen. Es gibt eine Antwort auf die Bedrohungen und das Böse. Es gibt einen, der für diese Antwort sein Leben hingegeben hat. Er hat uns durch die Taufe in seinen Tod und in seine Auferstehung hineingenommen.
8. Vielleicht werden einige unter uns schon unruhig und möchten den Prediger daran erinnern, weshalb wir doch heute hier sind – es ist doch Michaelswallfahrt. Da verweise ich auf den Anfang des Tagesgebetes: „Gott, du ordnest alles mit Macht und Weisheit; Engeln und Menschen teilst du ihre Dienste zu“.
9. Da haben wir es doch wieder, könnte der eine oder andere von uns sagen: sich selber nicht die Hände dreckig machen und andere nach vorne schicken. Kann nach vorne schicken nicht auch heißen, dass den Engeln und Menschen etwas zutraut. Und wenn er uns etwas zutraut, dann nicht einfach nach der Methode: Macht doch mal!
10. Wir erinnern uns noch an das Lied, dass viele von uns als Kinder lernen mussten: “Uns aus dem Elend zu erlösen, das können wir nur selber tun.“ „Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein“, so tönten die Gehülfen des Unrechts. Schon ohne Sonne gab es Probleme. Mit Gottes Hilfe haben wir in der friedlichen Revolution dem Unrecht der DDR-Diktatur ein Ende setzen können. Mit Gottes Hilfe und den Engeln und Heiligen, auch aus unseren Reihen.
11. Auf die bewährten Helfer, „Gehülfen“ setzen. Da weiß ich, wo ich dran bin, darauf kann ich mich verlassen. Das lässt Wallfahrer immer wieder aufbrechen, auch heute.
12. Die gegenwärtige Zeit der Corona-Pandemie stelle die Kirche in besonderer Weise vor die Aufgabe, von Gott zu sprechen. „Da reicht es nicht zu sagen ‚Religion‘, sondern wir müssen tiefergraben und auf den kommen, dessen Namen wir tragen: Jesus von Nazaret. Es gilt, sein Reden neu zu verstehen, seine Sprache neu zu sprechen. Der Schritt auf Christus zu ist ein Fortschritt – für den Menschen, für die Kultur, das Leben, die Familie – und kein Rückschritt“, so Kardinal Marx bei der letzten Bischofskonferenz in Fulda.
12.Ich habe auch noch eine Frage an uns alle mitgebracht: Was sollte man dem Erzengel Michael in die Hand geben?
Wir schauen auf die bereits vorhandenen Bilder und Figuren: das Schwert und die Waage. Der Erzengel Michael auf der Stirnseite der Kirche auf dem Hülfensberg mit gesenktem Schwert – Hinweis, dass mit dem Tod und der Auferstehung die Welt schon erlöst ist. Es gilt aber: schon und noch nicht – „Wir sind im Kampfe Tag und Nacht, o Herr, nimm gnädig uns in acht und steh uns an der Seiten“, so heißt es in einem Kirchenlied (Gl 802), das auch in der Ökumene seinen Platz hat. Und in der letzten Strophe heißt es: „Wie du uns Hilfe zugesandt, so hilfst du fort noch allen …“.
So wird z.B. zurzeit im Ulmer Münster und an anderen Orten über die Figur des Erzengels diskutiert, diese Figur soll sogar entfernt werden.
Was würde ich ihm in die Hand geben? Bei mir bekäme er kein Schwert, mit dem man dreinschlagen kann. Es setzt nur scheinbar Grenzen, sichert eine Ordnung, aber es zerstört. Ich würde lieber den Erzengel darstellen wollen mit einer Hand, die Einhalt gebietet und mit der anderen, die sich uns entgegenstreckt. Vielleicht hat auch er eine Kerze in der Hand oder faltet die Hände zum Gebet.
13. Wie hat Jesus die Macht des Bösen besiegt? Mit dem Schwert? Nein! Er hat gesiegt mit der Hingabe seines Lebens.
14. Wir haben im Evangelium von der Berufung der ersten Jünger gehört: der Glaube machte sie sehend und schenkte ihnen die Verheißung, dass sie Größeres sehen werden. Der Himmel ist mit Jesus geöffnet und nicht coronabedingt geschlossen. Die Engel sind Symbole und Boten der göttlichen Welt, die in Jesus anwesend und sichtbar geworden.
Heiliger Erzengel Michael, bitte für uns, stehe uns bei, wie der Gehülfe. Amen.